Buchbesprechung:
"Die Karte der Ostmark
von C. Hinterlechner
Vor geraumer Zeit haben wir Dir hier auf J.D.W.E. schon ein bisschen mehr über C. Hinterlechner verraten. Der aus dem Salzburger Land stammende Autor hat 2020 mit "Die Karte der Ostmark" seinen ersten Roman veröffentlicht, der hohe Wellen schlug. Die Reaktionen waren sogar noch größer als sich der sympathische Autor und Familienmensch selbst erhoffte, deshalb wurde während der immer noch andauernden Pandemie ein Entschluss gefasst: Dieser Roman muss weitererzählt werden und zum heutigen Tag ist Teil 2 "Die Karte der Ostmark – Zeitraffer" bereits abgeschlossen und wird dem Leser bald zur Verfügung stehen.
Doch heute widmen wir uns hier dem ersten Teil etwas ausführlicher. "Die Karte der Ostmark" hat uns in den letzten Wochen stets begleitet und verfolgt. Die Geschichte, die auf knapp 360 Seiten im wunderschönen Hardcover (mit Lesebändchen!) präsentiert wird, entwickelt einen solchen Sog, der einen nicht mehr loslassen will. Man muss einfach weiterlesen, um zu erfahren, was es mit dieser abenteuerlichen Geschichte auf sich hat. Aber von vorne...
Was kann der Leser erwarten?
Erzählt wird die Geschichte eines abenteuerlustigen, mobilen Krankenpflegers, der es gewohnt ist täglich seine gebrechlichen Klienten aufzusuchen und zu versorgen. Soweit so gut. Zu seinen Stammpatienten gehörte ebenfalls der ziemlich in die Jahre gekommene Franz, der gemeinsam mit seiner Frau Erna auf einem alten Hof lebte und bei dem die Demenz immer stärker zum Vorschein trat. Das zeigte sich vor allem darin, dass er immer öfter von den vergangen Zeiten zu sprechen begann, als er noch im Wehrdienst tätig war. Durch einen Wink des Schicksals begannen sich die Dinge dann schnell zu überschlagen.
Ein Freund des Protagonisten und Ich-Erzählers leitete ein Museum im Dorf und war immer auf der Suche nach verborgenen Schätzen der Vergangenheit. Eines Tages half er dem besagten Freund ein verlassenes Haus zu räumen und durfte sich als Dankeschön einen Gegenstand, den er darin gefunden hatte, mitnehmen. Seine Wahl fiel auf eine alte Karte, die zu Beginn noch nicht vermuten ließ, welch Geheimnis sie barg. Es war eine Karte der alten Ostmark, mit ominösen Markierungen und unvollständigen Koordinaten. Der Fund wurde erst mal verstaut und schnell wieder vergessen. Doch eines Tages, als der Winter die Kontrolle über die Ortschaft übernahm, sollte diese Karte schnell wieder ihren Weg zurück in sein Gedächtnis finden.
Erneut fand ein Hausbesuch bei Franz und Erna statt, doch nach beendetem Dienst wurde ihm die Heimfahrt durch eine abgegangene Lawine verwehrt und so musste er bei den beiden alten Herrschaften auf der Couch nächtigen. Getrieben von der Stille des Hauses und der Neugier durchforstete er sämtliche Fotoalben, die er im Wohnzimmer finden konnte, und stellte dabei schnell fest, dass Franz wohl tiefer in der Zeit des Zweiten Weltkrieges verwurzelt war, als er vermutete. Er fand Bilder, auf denen Franz sogar mit Göring abgebildet war und ein Foto ließ ihn erstarren: Neben bekannten Gesichtern der NS-Zeit war nicht nur Franz abgebildet, sondern auch eine Karte, die der seinen mehr als nur ähnelte. Es war die gleiche Karte, die er bei der Hausräumung gefunden hatte und die ihm nun von einem Foto entgegenblickte.
Was wusste Franz von dieser Karte und welche Markierungen waren darauf vermerkt? Er musste es herausfinden und nutzte geschickt Franz' Demenz um ihn in die Falle zu locken. Franz offenbarte ihm seinen kleinen aber buchstäblichen bombastischen "Schatz", den er im Keller unter einer Holzlatte versteckte. Darin zu finden waren neben Dynamit und Handgranaten auch weitere Schriftstücke und etwas das Zyankali-Kapseln ähnelte. Unser Hauptdarsteller konnte die Manuskripte unbemerkt mitnehmen, um zu Hause genauer recherchieren zu können. Zu diesem Zeitpunkt ahnte er nicht, dass das der letzte wirkliche Besuch bei Franz war beziehungsweise die letzte echte Möglichkeit, um mit ihm über diese Zeit und Dokumente zu sprechen, denn als er das nächste Mal auf dem Hof ankam, geschah Unglaubliches. Ein fremdes Auto mit Münchner Kennzeichen parkte vor dem Hof, was alleine schon eigenartig war, denn die Beiden bekamen so gut wie nie Besuch und Franz und Erna, die sonst stets von ihrer täglichen Routine umgeben waren, waren im Haus auch nicht auffindbar. Plötzlich hörte er Geräusche aus dem vermeintlichen Keller und fand dort die ermordete Erna am Boden liegend. Doch es wurde noch schlimmer, denn neben der Leiche stand der splitterfasernackte Franz, verletzt und verwundet und um seinen Hals lag eine Schnur, die schnell als die Sicherheitsschnur erkannt wurde, mit der er seine Schatzkiste versiegelt hatte. Nur ein Zug an dieser Schnur würde genügen und der gesamte Franz oder besser gesagt, der gesamte Keller würde nur noch in Schutt und Asche zerfallen. Franz schrie ihm noch ein letztes „Lauf!“ entgegen, bevor die Dunkelheit sich ausbreitete und alles mit sich nahm.
Unser Protagonist erwacht zwei Tage später im Krankenhaus. Er hatte die Explosion überlebt, welche das alte Ehepaar unter sich begrub. In der Zwischenzeit wurden auch schon die Überreste des alten Hauses abgetragen und was geblieben ist, sind nur die Erinnerungen an Franz und Erna und natürlich die Karte, sowie die in der Kiste gefundenen Manuskripte. Von diesem Moment an, geht das Abenteuer erst richtig los. Mithilfe der neuen Dokumente und der bereits vorhandenen Karte schafft es unser Hauptcharakter Koordinaten zu rekonstruieren, die er dank der modernen Technologie schnell zuordnen kann. Eine Koordinate führte ihn nach Wengerau, in ein entlegenes Waldstück, keine 30 Minuten von seinem Heimatort entfernt. Schon zuvor war bekannt, dass die Nazis zu ihrer Zeit in dieser Gegend stark vertreten und aktiv waren. Manche haben sich dort versteckt und es wurde ebenso gemunkelt, dass womöglich noch irgendwo der ein oder andere versteckte Schatz gefunden werden will. Getrieben von der Neugier macht sich der Protagonist auf die Suche, die ihn nicht nur in eben erwähntes Waldgebiet führt, wo er neben einigen mysteriösen Dokumenten, einen noch viel interessanteren Ring findet. Und dieser Ring öffnet ihm bei seiner zweiten Reise – die in direkt in Deutschlands Hauptstadt Berlin führt – sogar die Tore zu einer ominösen Versammlung, bei der er sich auf einmal inmitten von rund 300 Neo-Nazis wiederfindet.
An dieser Stelle möchten wir nicht mehr genauer auf den Inhalt eingehen, um den Lesespaß nicht vollkommen zu zerstören, denn genau das ist es, was diesen Roman ausmacht: C. Hinterlechner schafft es mit seinem locker flockigen Schreibstil gekonnt, dass man schon nach wenigen Seiten komplett von der Geschichte gefangen genommen wird. Man fiebert mit dem sympathischen Protagonisten mit und will selber einfach nur erfahren, was es mit den Fundstücken auf sich hat und wohin sie ihn noch führen werden. Dabei schafft es der Autor gekonnt, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen und das auf eine besonders abgefahrene Art und Weise. Natürlich ist der Inhalt des Romans Fiktion, jedoch verbirgt sich darin auch jede Menge Wahrheit. Es ist nicht erfunden, dass im Salzburger Land zur Zeit des Zweiten Weltkrieges viel geschehen ist und man merkt, dass sich Hinterlechner stark mit dieser Zeit und ihren grausamen Geschichten auseinandergesetzt hat.
Bevor dieser Text selber noch als kleiner Roman ausartet, möchte ich als Fazit festhalten: "Die Karte der Ostmark" ist eine abenteuerliche Reise, die Dich von der ersten bis zur letzten Seite mitnimmt und nicht mehr loslässt. Werde Teil einer Schatzsuche, die Dich vom kleinen Dorf in Salzburg nach Berlin und sogar bis in die USA entführt und die Dir neben spannender und überraschender Unterhaltung auch noch viel Geschichtliches mitgibt. Wir freuen uns, dass der zweite Teil bereits abgeschlossen ist und dass die Reise unseres jetzt schon mehr als liebgewonnen Protagonisten noch weitergeht!
Review: Manuela Ausserhofer
PS: In Kürze findest Du hier auf J.D.W.E. Nicht nur ein ausführliches Interview mit dem Autor, sondern ebenfalls eine Besprechung zu Teil 2, auf den wir uns jetzt schon sehr freuen!
Comments