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Review: "Potzblitz" Hg. von Marc Huttenlocher & Sebastian Schwaigert (Buch)



"Potzblitz -

31 + 1 erleuchtende Liebeserklärungen an meinen Liveclub"

Hg. von Marc Huttenlocher & Sebastian Schwaigert


"Die Bühne scheint mir der Treffpunkt von Kunst und Leben zu sein."

Das hat schon vor vielen Jahren Oscar Wilde festgestellt und genau dieses Zitat begrüßt uns auch auf dem Backcover von "Potzblitz", einer Sammlung von prägenden Momenten diverser Künstler, die allesamt mit ihren (Lieblings-)Clubs in Verbindung stehen. Und was wäre Musik denn heutzutage ohne den perfekten Club, in dem sie live zum Besten gegeben werden kann? Natürlich braucht die Musik keine Bühne, um trotzdem das Herz und die Seele des Zuhörers zu erlangen, doch ein jeder der selbst einmal eine Band auf der Bühne erleben konnte, die er sonst nur aus den vertrauten Boxen zu Hause genossen hatte, wird schnell erkennen, dass ein Live-Erlebnis noch so viel mehr mit bringt. Wir spüren den Bass im Bauch, wir genießen die mitgebrachten Vibrationen, riechen den Schweiß der Künstler und dürfen ihren Worten und Interaktionen lauschen, die sie uns zwischen den Liedern schenken. Zwischen Künstler und Zuhörer entsteht eine Verbindung, die die Musik noch so viel unvergessener macht, als es das blosse Hör-Erlebnis auf CD oder Schallplatte schafft.


Auch ich beginne in solchen Momenten zurückzudenken und erinner mich gern an viele unglaubliche Abende bei denen es der Live-Club oder die Konzert-Halle geschafft hat, eine Band unvergesslich zu machen. Ich rieche noch heute den Schweiß von Trent Reznor von den Nine Inch Nails, als ich ihn in der "Wiener Stadthalle" fotografieren durfte und nur nur wenige Centimeter von ihm entfernt stand. Genauso erinner ich mich noch heute an die Gänsehaut, die nicht nur mich überwältigte, als die ersten Töne des Songes "Hurt" gespielt wurden. Genauso faszinierend war es mit Bands wie Sonic Syndicate die Bühne zu teilen und mit ihnen abzurocken während von dem sensationellen Gig ein Live-Video im Wiener "Viper Room" gedreht wurde. Und manchmal sind Gigs auch so krass, dass man sie deshalb nie wieder vergessen kann. Da denk ich nur kurz zurück an Watain im Salzburger "Cave Club", die sich zuvor beim städtischen Metzger mit Blut und Gedärmen ausgerüstet haben, um die Meute zu schocken, was ihnen mehr als nur gelungen ist, denn das Konzert endete mit einem großen Polizei-Aufmarsch, die dachten es gäbe ein wahres Gemetzel vor Ort...


Aber bevor ich mich in Erinnerungen verliere, wieder zurück zu "Potzblitz", einer Sammlung, die von Marc Huttenlocher und Sebastian Schwaigert herausgegeben und über den U-Books Verlag veröffentlicht wurde. Alle Autoren stellen ihr Honorar der Bundesstiftung LiveKultur zur Verfügung, um damit die Live- und Kulturszene zu unterstützen. Mit dabei sind Texte von: Markus Kavka, Heaven Shall Burn, Broilers, Dr. Mark Benecke, Emil Bulls, Monsters of Liedermaching, Dirk Bernemann, Unzucht und vielen mehr.


An dieser Stelle möchte ich auf ein paar dieser Texte eingehen:


Im anderen Geschirrschrank“ von Dr. Mark Benecke: Unser Lieblings-Forensiker und Biologe Dr. Mark Benecke berichtet von einem ganz besonderen Konzert der Band Die Antwoord im Jahr 2015 in Köln. Einer Stadt, in der nicht nur die weltbekannte Plattenfirma EMI ihren Sitz hatte, sondern die auch Heimat des Techno war und mit gigantischen Techno-Festivals aufwartete. Und auch an diesem Abend ging in Köln für Herrn Benecke wahrlich "die Luzi ab". Ninja und Yolandi, die beiden Figuren hinter Die Antwoord beehrten das E-Werk und schienen in den ersten Momenten auf der Bühne nicht gar so motiviert. Irgendetwas schien ihre Laune zu trüben. Da erinnert sich Mark daran, wie Ninja Yolandi einen Kuss auf die Stirn gab, als Zeichen ihrer einzigartigen "Mad Love", die ihn an die Liebe zwischen Harley Quinn und den Joker erinnerte. Das war der Beginn eines Abends, der Mark und Ines bis heute im Gedächtnis blieb. Ein Abend mit vielen unvergesslichen Momenten, Gesprächen, Entdeckungen und Erfahrungen...


Kontrollverlust“ von Dirk Bernemann: Herr Bernemann ist seit dem ersten Teil von "Ich hab die Unschuld kotzen sehen" einer meiner ungeschlagenen Lieblings-Autoren, der es mehr als nur versteht mit seinen Worten Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen, die dermaßen einprägsam und unvergesslich sind. In seiner Geschichte "Kontrollverlust" denkt er an einen "Club" zurück, der eher einem Proberaum gleicht. Ein Laden, in dem er seine ersten Konzerte gesehen hat, mit Minibühne und wenn rund 35 Leute sich darum versammelt haben, war der Club auch voll. Unter tags war es ein städtischer Jugendclub, abends für ihn "zuweilen ein Vorort der Hölle in ihrer schönsten Version". Jedes Mal wurde gekotzt, ging das Klo über und irgendjemand blutete am Kopf. Doch jedes Mal verließ er diesen Club mit einem Lachen im Gesicht und mit Erinnerungen, die einem niemand mehr nehmen kann...


Mein Lieblingsclub“ von Maik Weichert (Heaven Shall Burn): Maik Weichert ist mit seiner Metal-Kapelle Heaven Shall Burn selbst schon unzählige Male auf der Bühne gestanden und begeisterte die Meute. In diesem Text denkt er an seinen persönlichen Lieblingsclub, der eigentlich kein Club im eigentlichen Sinne ist. Viel mehr ist es eine Anlaufstelle für (kleine) Bands aus allen möglichen Genres und es herrschte dort etwas, was er selbst als eine Art "Narrenfreiheit" bezeichnete. Von Grindcore über Hip Hop war dort alles vertreten. Er spricht von "Die Gerber" in Weimar und Maik selbst wohnte eine zeitlang nur wenige Gehminuten von dort entfernt und ihn trieb oft so etwas wie ein "Pflichtgefühl" dorthin. Er wollte diese grandiose Möglichkeit unterstützen und er hat dort schon viele Bands kennengelernt, die ihn ordentlich vom Hocker gerissen haben. Mal mehr, mal weniger. Ein Underground-Club der Sonderklasse, der für jede Menge unvergessliche Momente sorgte...


Das hier sind nur drei Geschichten von insgesamt 32 Erfahrungsberichten, die mal mehr auf den Club an sich, aber auch mal mehr auf die erzählende Band selbst eingehen. Auf jeden Fall ist "Potzblitz" eine tolle Unterhaltung auf rund 270 Seiten für alle Liebhaber von Konzerten, sei es in den großen Hallen oder in kleinen Underground-Clubs und ein jeder, der regelmäßig das Live-Abenteuer sucht, wird sich in der ein oder anderen Geschichte wiederfinden. Und eins ist garantiert: Man beginnt selbst über so manche Konzert-Abende zu sinnieren und in Erinnerungen zu schwelgen... Sehr gelungen!


Review: Manuela Ausserhofer

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